Sagenhafte Adventszeit im Vogtlandmuseum

Bis zum 24. Dezember öffnen wir jeden Tag ein kleines Tor in die Welt der vogtländischen Sagen.

Magisches Vogtland im Sagengewand

Rechtzeitig zur zauberhaften Weihnachtszeit erstrahlen an den „Zeitfenstern“ der Fassade des ehemaligen Horten im Herzen Plauens märchenhafte Bildmotive.
Diesmal entführt die Außenausstellung in die geheimnisvolle Welt der vogtländischen Sagen – ein Reich voller Nebelschleier, uralter Geschichten, Magie und Wunder.

In enger Zusammenarbeit des Landratsamts Vogtlandkreis mit der Museumspädagogik des Vogtlandmuseums Plauen entstand eine Präsentation, die die alten Erzählungen in neuem Glanz erweckt. Parallel dazu lässt das Vogtlandmuseum selbst die Sagenwelt liebevoll lebendig werden: Jörg Simmat, ein bekannter Plauener Schauspieler, verleiht den Geschichten bei einer märchenhaften Lesung Stimme und Seele.

Gehen Sie mit Jörg Simmat im Vogtlandmuseum auf eine sagenhafte Lesereise am:

am Sonntag, den 14.12.2025
14:00 Uhr, 15:00 Uhr sowie 16:00 Uhr
am Sonntag, den 21.12.2025
14:00 Uhr, 15:00 Uhr sowie 16:00 Uhr

Ein besonderes Erlebnis bieten die Sagen außerdem über einen QR-Code an den Motiven in den Schaukästen des Landratsamtes, denn auch hier können sie angehört und ganz unmittelbar erfahren werden.
Die ausdrucksstarken Motive und das atmosphärische Sound Design stammen aus der Feder von Daniel Kamerknecht.
(Weitere Informationen unter: www.bezirkskunde.de)

Möge die Sagenwelt des Vogtlands Ihr Herz verzaubern! Wir wünschen viel Freude beim Entdecken und Reinhören:

Die Sage von der Entstehung Schönecks
Die Sage vom Drachen in Reichenbach
Die Sage von den Holzweibchen in Oelsnitz
Die Moosmann-Sage vom „Schwarzen Stein“ in Grünbach
Die Sage von der Wattefrau in Zwota
Die Sage vom Lindwurm bei Syrau
Die Sage vom „Hohen Stein“ in Erlbach
Die Sage von den kleinen Nixen in Schneckenstein

Die Voigtsberger Laterne (Oelsnitz/Vogtl.)

Die Voigtsberger Laterne ist ein Licht, das in jedem Jahre in der Umgegend von Oelsnitz und Voigtsberg öfter gesehen wird.
Der verstorbene Hufschmied Maul in Lauterbach, ein furchtloser und sehr beherzter Mann, ging einmal an einem finstern Abend von Oelsnitz nach Hause. In der Nähe der Elsterbrücke traf er die Voigtsberger Laterne. Zu diesem Lichte sagte Maul: „Licht, führe mich nach Hause, ich gebe Dir einen Sechser!“ Das Licht begleitete ihn genau, sich immer etwas tiefer an der Straßenböschung haltend bis nach Hause. Dort angekommen legte er auf den Stock vor seinem Hause, worauf die Schmiede kaltes Eisen strecken, den versprochenen Sechser und ging in sein Haus. Dann zündete er eine Laterne an um herauszugehen und nach dem Sechser zu schauen; und siehe da, er war weggenommen.
Ein Zimmermann von Oelsnitz ging einmal des Nachts von Raasdorf nach Hause. Als er an die Raasdorfer Höhe kam, war die Voigtsberger Laterne da. Zu dieser sprach er „führe mich nach Hause, ich gebe Dir einen Dreier!“ Nun führte ihn das Licht bis zu seiner Wohnung. Als der Zimmermann in Begleitung der Laterne an seine Hausthüre gekommen war, sprach er: „ich gebe Dir keinen Dreier!“ Darauf gab ihm das Licht eine Ohrfeige und in Folge dessen ward er vier Wochen lang krank.

Quelle: Alfred Meiche, Sagenbuch des Königreich Sachsens, S. 260

Die Sage von der weißen Frau auf der Dobenau

Versunken und vergessen ist die Geschichte der Ritter, die einst auf der Dobenau gehaust haben. Zu Liebau am Elsterthale lebten einmal zwei Brüder, stolze, kräftige Herren, wie die heimathlichen Felsen. "Denen mochten die Fichtenwälder, die öden Felsen und die kargen Saatfelder nicht mehr behagt haben, denn sie waren ausgezogen nach ritterlichen Thaten und nach Abenteuern. Als sie wiederkamen, mit glänzenden Harnischen und auf weißen Rössl, ließen sie sich auf der Dobenau nieder und brachten eine stolzes, schönes Fräulein mit. Die Fremde hatte Vater und Mutter verlassen und war mit ihnen gezogen.
Sie liebte beide Brüder wagleich treu und leidenschaftlich und beide Brüder liebten sie mit gleicher Leidenschaft wieder. Da aber dieses Verhältnis auf die Dauer nicht bestehen konnte, so baten sie die Dame ihres Herzens wiederholt, sich für einen von ihnen zu entscheiden, der Andere werde dann ausziehen in die Ferne. Aber sie konnte sich nicht entscheiden. Da kam es endlich zwischen den Brüdern zu Eifersucht und Zwietracht, und eines Tages ritten sie von der Dobenau aus auf die Jagd und kamen nicht wieder. Ausgehende Boten brachten die Kunde, dass beide weit oben im Walde Tod lägen, anscheinend von den gegenseitigen Waffen im Zweikampfe gefallen. Die Fremde wurde noch bleicher als sie war, sie wusste es wohl, dass sie zwei Herzen gebrochen. Sie bestieg ihr Roß und ritt hinaus in den Wald, bis sie die geliebten Leichen fand. Als ob sie noch im Tode sich haßten, lagen sie am Boden mit weggewandtem Antlitze, zwischen ihnen stand eine Fichte, an deren Wurzeln sich die Schwerter kreuzten. Die Bruderfichte steht noch heute im Wald, in ihrem Wipfel singt kein Vogel und an ihrem Fuße gibt es kein Moos. Die Ritter wurden in der nahen Kapelle zu Reusa begraben. Das Fräulein aber ging zurück auf die Dobenau. Sie lebte dort wie eine Nonne in weißen Kleidern, von Wohltun, Reue und Gebet und mit stets verweinten Augen. Bis dass der Tod auch ihre Tränen stillte., Nächtliche Wanderer wollen sie später durch das Thal bis nach Reusa hinauf haben wandeln sehen. Armen Kindern soll sie dabei häufig ein paar goldene Semmeln geschenkt, junge Leute, die sich im Thale ein Stelldichein geben wollten, durch Zeichen zusammengeführt haben, alte Leute behaupten sogar, daß sie in den unterirdischen Gängen der Dobenau noch reiche Schätze bewache.

Quelle: Köhler, Johann August Ernst: Volksbrauch, Aberglauben, Sagen und andre alte Überlieferungen im Voigtland mit Berücksichtigung des Orlagau’s und des Pleißnerlandes. S. 142-143

Der Lindwurm bei Syrau

Vor vielen hundert Jahren hauste ein scheußliches Ungeheuer im Walde bei Syrau, das hatte einen Leib wie eine Schlange, mit starken Schildern bepanzert, und wenn es mit seinen Drachenflügeln den Leib schlug, machte es ein Getöse wie zehn Mahlgänge. Den ganzen Tag lag es im Walde und wen es sah, den zermalmte es mit seinen fürchterlichen Zähnen und briet ihn an dem Höllenfeuer, das aus seinem Rachen fuhr. Weder Mensch noch Thier war vor ihm sicher. Da aber die Bauern es nicht zu bezwingen vermochten, schlossen sie einen gütlichen Vergleich mit ihm ab: er solle alle Wanderer, welche diese Straße zögen, auffressen, die Syrauer aber ungeschoren lassen. Das ward ruchbar im ganzen Land und Niemand betrat mehr die gefürchtete Straße. Hunger aber thut weh, dem Thiere wie dem Menschen, und so wagte sich das Ungeheuer wieder an die sich ängstigenden Syrauer. Alltäglich hofften diese unter Flehen und Beten auf die Ankunft des tapfern Ritters St. Georg, der den Lindwurm tödten sollte, allein es zeigte sich keine Spur von dem Heiligen, so viel sie auch Messen lesen ließen. So mußten sie sich denn einstweilen drein ergeben und jeden Tag dem fürchterlichen Ungeheuer einen Menschen vorwerfen. Der kranke Gürge opferte sich freiwillig dem Tode. Da aber dieses weiter Keiner nach ihm thun wollte, so mußten die Bauern durch’s Loos bestimmen, wer der nächste Unglückliche sein solle. Schon waren Einige diesem grausamen Schicksale verfallen, als auch die schöne Elsbeth, die Tochter des größten Bauern, das entsetzliche Loos treffen sollte; schon am nächsten Morgen vor Sonnenaufgang sollte sie dem Drachen vorgeworfen werden. Als man ihr dies ansagte, ward sie todtenbleich, denn sie hatte den schmucken Hans in ihr Herz eingeschlossen und wurde von diesem auf’s Zärtlichste wieder geliebt. Hans sagte kein Wort, ging fort, nahm eine Heugabel, schliff und pfiff bis tief in die Nacht hinein. Und als nach dem dritten Hahnenschrei das Mägdlein herausgeführt ward und Alles weinte, denn die Elsbeth war so gut, da kam ihnen ein Mann entgegen, der eine lange Gestalt hinter sich herzog, die Heugabel auf der Schulter tragend. Ein Freudenschrei durchbebte bei diesem Anblick die kühle Morgenluft, da man den Hans erkannte, der den Drachen im Schlafe erwürgt hatte. Elsbeth war die glücklichste Braut unter der Sonne, und die Syrauer baueten zum Gedächtniß dieser That eine Kapelle „unserer lieben Frauen.“

Quelle: Köhler, Johann August Ernst: Volksbrauch, Aberglauben, Sagen und andre alte Überlieferungen im Voigtland mit Berücksichtigung des Orlagau’s und des Pleißnerlandes. S. 160